Jasnitz und kein Anfang

Was soll man von einem Dorf halten, das 22 Häuser auf eine 1750m lange Straße verteilt? Sind die Einwohner außergewöhnlich platzbedürftig? Oder seit Generationen unverträglich?

Vom Urjasnitzer weiß man wenig. Es gab ihn, soviel ist sicher. Vor etwa 4.000 Jahren hat er nicht aufgeräumt und sein Werkzeug liegen lassen. Ein Feuersteinbeil aus der Jungsteinzeit.

Etwas später, um 800 v. Chr., hat er Eisen geschmolzen und die Reste... genau!

Eisenschmelze

Für ein Hochzeitsgeschenk waren die Jasnitzer 1423 gut. Zur Vermählung des Herzog Albrecht von Mecklenburg mit Prinzessin Margarete erhielt die Braut unter anderem Wittenberg, Picher und Jasnitz “nebst Zubehör”. Mit mäßigem Fortune allerdings, denn unsere Braut wurde sehr schnell Witwe. Da war sie 10, nach anderer Quelle 13. Bevor jetzt moralische Bedenken anmeldet werden: die Ehe ward nicht vollzogen. Das ist relativ sicher, denn spitzfindige Advokaten forderten Jasnitz seinerzeit als Hochzeitsgeschenk zurück, weil eine Ehe ohne Beilager ja keine Ehe und eines derartigen Geschenkes nicht würdig sei. Nach einigem Gezerre und einem Machtwort ihres Vaters, Friedrich I von Brandenburg, durfte die Braut Jasnitz schließlich behalten.

Klar ist auch: zu essen und zu trinken gab es immer, auch wenn die Liste der Läden und Gasthöfe lückenhaft bleibt. Üblicherweise hat ein mecklenburgisches Dorf entweder gar keine oder gleich zwei Kneipen: eine, in die man immer geht und eine, in die man nie geht. Für zwei reichte es in Jasnitz mit seinen durchschittlich 40 Bewohnern nie, aber ganz ohne steht es wohl erst nach der Wende da. Der Konsum in der Langen Straße 6 und der Dorfgasthof Lange Straße 9 von Fritz Drenkhahn sind den älteren Jasnitzern noch ein Begriff. Die Flaschenbierhandlung Jurisch gegenüber dem heutigen Schrottplatz ist schon weniger bekannt. Zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist ein nicht mehr namentlich bekanntes Lokal (“Krug zur Jasnitzer Heide”?) aus noch früherer Zeit, dessen Küche offenbar höchsten Ansprüchen genügte und einen Umweg lohnte.

  • „1556 nahm Herzog Johann auf einem Ritt von Dömitz nach Schwerin im Dorfe Jaßnitz einen Imbiß ein.“
  • Der Name des Wirtes ist aktenkundig: Michell Feustlein. Womit auch bewiesen wäre, daß in Jasnitz trotz einer, nun ja, etwas abgelegenen Lage stets ein gewisser Durchgangsverkehr herrschte. Das lag auch an der Zoll- und Bistumsgrenze, die der nicht unbedeutende Bach über die Jahrhunderte bildete. Dazu später.

    Anläßlich der Abgrenzung des bischöflich-ratzeburgischen Sprengels vom Mecklenburger Gebiet bestimmte Heinrich der Löwe:

    „Gegen Süden geht die Grenze von der Stelle, wo aqua Terzina in Zudam fließt aufwärts der ersteren nach Osten bis zu dem Sumpfe, woraus die Tersniza entspringt und so gerade bis zur Eldena..“

    Das war im Jahre 1167.

    Man kann sich darüber streiten, ob das Ei oder das Huhn, sprich der Bach Jasnitz oder das Dorf Jasnitz zuerst da war .Jasnitz heißt im Slawischen soviel wie Licht, Jessen war eine slawische Gottheit, dem besonders die Ostslawen größere Tempel errichteten. Floss der Bach durch eine Aue, oder hielt sich hier, vielleicht aufgrund der Eisenverhüttung, jahrhundertelang eine Lichtung?

    Die Schreibweisen wechseln, aber der Klang bleibt. Noch ein Beispiel? Heinrich Graf von Schwerin verschenkte am 23. Juni 1227 das Dorf Moraas an den Johanniter-Ritter-Orden zur Comthurei Kraak. Die Grenzen wurde unter anderem wie folgt beschrieben:

  • „Et ut plenius eis super hiis prospiciamus, terminos sic expedimus, ut ad riuum Zutne et ad riuum Jaznize...“
  • In Urkunden finden sich auch die Schreibweisen Yotzenisse, Jatzenisse, Jasenitze. Erst 1847 taucht allmählich die heutige Schreibweise auf.

 

  • Jassnitz oder Jasnitz, ein Hof südlich von Hagenow,in Mecklenburg. Der Bach, an dem er liegt, heißt schon 1227 rivus Jaznize“
  • Unzertrennbar waren beide jedenfalls über Jahrhunderte hinweg, Jasnitz an der Jasnitz. Keine wirklich alte Landkarte ohne das Paar.

    Und das ist nun wirklich ärgerlich an der neuen Zeit: Der Bach, der Jasnitz seinen Namen gab – jawohl, die Jasnitz – ist sang- und klanglos in einen „Neuen Kanal“ umgetauft worden. Ehrlich, steriler geht’s nicht! Wer war das? Und wo ist überhaupt der alte Kanal geblieben?

    Das dicke Ende kommt zum Schluß: bei Strohkirchen wird diese Kopfgeburt „Neuer Kanal“ plötzlich zum heimeligen „Strohkircher Bach“. Ausgerechnet Strohkirchen, das nicht mal geschenkt einer haben wollte und wo ein „Strohkircher Bach“ in Jahrhunderten kaum nachweisbar ist. Wie haben die das nur wieder geschafft?

Neuer Kanal  Mai 2011

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